Rund um die katholische Kirche gab es in den letzten Wochen eine vielfältige Berichterstattung in den Medien. Viele von Ihnen werden es verfolgt haben, wurden vielleicht in Diskussionen und Gespräche verwickelt: in den Familien, auf der Arbeit, im Freundeskreis.
Da sind die Reaktionen von Bischöfen und sogar dem emeritierten Papst Benedikt nach der Veröffentlichung des Gutachtens zum Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs im Erzbistum München-Freising. Manche Reaktion lässt gerade Menschen, die der Kirche (noch) verbunden sind und sich in ihr ehren- oder hauptamtlich engagieren, sprachlos und wütend zurück.
Wann werden Amtsträger und Verantwortliche endlich offen und transparent zu schweren Versäumnissen stehen und erkennen, dass ihre Versäumnisse für andere unendliches Leid bedeutet haben?
Wann werden sie Verantwortung übernehmen und lernen, den Blick konsequent auf die Betroffenen statt auf den Schutz der Institution zu richten? Es scheint einfach nicht aufzuhören, das Wegducken und Wegschauen.
Gott sei Dank gab es auch einige wenige, die in diesem Sinne öffentlich Stellung bezogen haben.
Und dann war da noch die mutige Aktion „#OutInChurch“ und die damit verbundene ARD- Dokumentation „Wie Gott uns schuf“, bei der sich 125 Menschen, die im engen oder weiteren Sinn im kirchlichen Dienst beschäftigt sind, geoutet haben. Sie alle fordern eine Reform des kirchlichen Arbeitsrechts, denn sie riskieren jeden Tag unter Umständen ihre Stelle, wenn sie sich öffentlich bekennen. Denn sie passen nicht in den Rahmen kirchlicher Moralvorstellungen.
Unter ihnen auch bekannte Gesichter aus dem Bistum Osnabrück. Unser Bischof Franz-Josef Bode hat öffentlich reagiert und den Mut und das Engagement der Menschen wertschätzend gewürdigt. Und er hat zumindest den Mitarbeitenden seines Bistums zugesichert, dass sie sich um ihren Arbeitsplatz aus diesen Gründen keine Sorgen machen müssen. Auch er ist der Meinung, über das kirchliche Arbeitsrecht muss nachgedacht werden.
Im letzten Jahr schlug die Initiative „Segen für alle“ einige Wellen, auch bei uns im Südkreis: Es gab breite Unterstützung, es gab zugewandte Seelsorger/-innen, die Segensgottesdienste angeboten haben, aber es gab von einzelnen auch Kritik. Die „Regenbogenfahne“ an den Kirchtürmen und vor den Kirchentüren stand für die Überzeugung: Gott hat uns Menschen so geschaffen, wie wir sind, und dieser Gott liebt die Vielfalt. Gottes Maßstäbe sind vermutlich großzügiger und weiter als unser manchmal enges Urteilen und Handeln als Menschen, gerade auch in der Kirche.
Es lohnt sich, die Dokumentation der ARD „Wie Gott uns schuf“ in der Mediathek einmal anzuschauen und den Menschen zuzuhören, den sehr persönlichen und berührenden Schicksalen und Erfahrungen. Es wird Zeit, dass sich in unserer katholischen Kirche etwas bewegt! Es geht um Vertrauen und Glaubwürdigkeit. Sonst nehmen Menschen uns die frohe Botschaft von einem liebenden Gott irgendwann nicht mehr ab. Und letztlich geht es doch darum: Diese frohmachende Botschaft zu den Menschen zu bringen!
Christine Hölscher, Pfarrbeauftragte
Alle weiterführenden Informationen, sowie die Forderungen und Unterstützungsmöglichkeiten der Aktion finden sie hier: https://outinchurch.de/
Die Dokumentation in voller Länge, sowie einiges an Zusatzmaterial finden Sie in der ARD Mediathek: https://www.ardmediathek.de/sendung/wie-gott-uns-schuf/Y3JpZDovL3JiYi1vbmxpbmUuZGUvd2llLWdvdHQtdW5zLXNjaHVm/?xtor=CS1-231
Die Stellungnahme von Bischof Bode finden Sie hier: https://bistum.net/one.news/index.html?entry=page.artikel.abt.04.507